Mediation bei grenzüberschreitenden Familienkonflikten - Reden ist besser als vor Gericht zu ziehen

Letztes Jahr verzeichnete der Internationale Sozialdienst (ISD) im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. 834 Beratungsanfragen, in denen es um internationale Kindschaftskonflikte ging. Nicht in jedem Familienkonflikt ist die Mediation das Allheilmittel, dennoch kann sie eine wertvolle Unterstützung in der Förderung des gegenseitigen Verständnisses sein und so manchen Schritt vor Gericht vermeiden – wie zum Beispiel im Fall des achtjährigen Pascal.

Pascals Eltern streiten sich immer öfter. Sie vereinbaren, dass die Mutter mit Pascal die Sommerferien in ihrem Heimatland Spanien verbringt und zum Schulbeginn wieder in Deutschland sind. Zum Ende der Ferien teilte sie dem schockierten Vater mit, sie werde mit Pascal nicht nach Deutschland zurückkehren.

Wenn eine Beziehung zerbricht und Verletzungen im Raum stehen, drohen Kinder oftmals im Chaos der Emotionen zu versinken. Besonders schwierig wird es, wenn Elternteile in unterschiedlichen Ländern leben bzw. mit den Kindern leben wollen, verschiedene Sprachen und Rechtsordnungen aufeinander abzustimmen sind und zudem Ängste vor dem Ungewissen die Situation weiter verschärfen.
Allzu schnell greifen Betroffene in solch einer vielschichtigen und belastenden Situation zum vermeintlich sicheren Hafen des Rechts. Gerade aber in grenzüberschreitenden Situationen, hilft dies oftmals nicht weiter. Denn unterschiedliche Rechtsordnungen legen das Recht auch unterschiedlich aus und die oftmals überlangen Verfahrensdauern tragen der besonderen Bedarfssituation von Eltern und Kindern in dieser Situation nicht Rechnung.

In Pascals Fall suchte der Vater Rat beim ISD. Im Beratungsgespräch wurden die verschiedenen rechtlichen Möglichkeiten erörtert, die Rückkehr Pascals zu erzwingen. Er erfährt aber auch, dass durch eine Mediation die Möglichkeit besteht, mit Hilfe Dritter einvernehmliche Lösungen zu suchen, die auch die Wünsche und Bedürfnisse Pascals einbeziehen. Der Vater entscheidet sich erstmal gegen den gerichtlichen Weg und kontaktiert daraufhin eine der vom ISD genannten Anlaufstellen für Mediation.
Die Kindesmutter, die ebenfalls kein gerichtliches Verfahren anstrebt, lässt sich auf den Prozess ein. Nachdem mit beiden vorab Einzelgespräche geführt werden, können in den gemeinsamen Sitzungen die Bedürfnisse hinter den jeweiligen Positionen herausgearbeitet werden.

Es wird deutlich, dass sich hinter der Position der Mutter Trauer und Wut über die gescheiterte Beziehung sowie auch Heimweh nach dem sozialen Umfeld in Spanien verbergen.

Der Vater kann das Bedürfnis annehmen, er hört es nicht in Form von Forderungen, Drohungen oder Schuldzuweisungen, wie dies in der Vergangenheit der Fall war. Die Kindesmutter hört die Angst des Vaters, seinen Sohn für immer zu verlieren und ebenfalls die Trauer über das Scheitern der Ehe.

Den Eltern gelingt es, im Rahmen der Mediation eine Vereinbarung zu treffen: Pascal wird in Deutschland seinen Lebensmittelpunkt haben. Seine Mutter wird für ein Wochenende im Monat nach Deutschland kommen. Skypen werden sie jeden Tag. Die Ferien wird er dann hälftig bei der Mutter in Spanien und mit dem Vater verbringen. So hatte Pascal sich das auch insgeheim gewünscht.

Der ISD hat den vom Gesamtverband International Social Service entwickelten Leitfaden „Familienkonflikte bewältigen“ in deutscher Übersetzung herausgegeben. Er informiert über die Möglichkeiten aber auch Grenzen der Mediation in grenzüberschreitenden Kindschaftskonflikten und kann gegen Übernahme der Porto- und Materialkosten als Druckversion bestellt werden oder steht kostenfrei als Download-Version zur Verfügung. Weitere Informationen unter https://www.deutscher-verein.de/de/familienmediation-leitfaden

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