FF 1.10 Jugend- und Familienarbeit: bald alles digital?

Zusammenfassung

Jugendliche werden durch ihre digital vernetzten Lebenswelten mit neuen Grenzverschiebungen konfrontiert. Herausforderungen dieser „digitalen Grenzarbeit“ liegen im Reaktions- wie Selbstinszenierungszwang, in der Datafizierung mit ihrer undurchsichtigen Datenverwertung („Big Data“) und in möglichen Manipulationen (Filterblase, Fake News).

Befunde zum Umgang der Jugendlichen mit der „Datafizierung“ von Frau Prof. Tillmann machen deutlich, welche Divergenz herrscht: Manche verstehen das Sammeln der Daten pragmatisch als ein Austauschgeschäft für eine „bessere Qualität der Dienste“. Einige Jugendliche blenden die Problematik aus und messen ihr keine Bedeutung bei („Ich habe nichts zu verbergen“), während andere resigniert keine Möglichkeit zur Einflussnahme sehen („Meine Meinung interessiert nicht“). Gleichzeitig zeigt die Datafizierung, wie wichtig ein reflektiertes Verhalten auch der Eltern ist, denn das Einstellen von Kinderfotos auf Sozialen Plattformen und das Kaufen bzw. Nutzen von Smart Toys oder Smart Watches trägt zur Datafizierung bei.

Grundtenor des Fachforums war: Wir müssen mit der Digitalisierung leben, wir können sie nicht stoppen. Gleichzeitig zeigen sich Eltern, Fachkräfte der Sozialen Arbeit und die Lehrerschaft unsicher im Umgang mit Social Media und wünschen sich Regeln für die Interaktion mit Adressatinnen und Adressaten sowie Informationen zu Datenschutz/Persönlichkeitsrechten. Deswegen plädierten die Expert/innen dafür, die Vorteile zu sehen, das eigene Verhalten kritisch zu reflektieren, sich Kompetenzen anzueignen – und sozial verantwortlich wie kreativ zu agieren. Die Digitalisierung müsse gestaltet werden und es sei wichtig, von einem oftmals ausschließlich konsumierenden Blick zu einem produzierenden Blick zu gelangen, damit man das Internet letztlich nicht nur nutzt, sondern auch beherrscht.

In den im Auftrag des Bundesfamilienministeriums konzipierten „FamilienLabore“ (www.familienlabore.de) beispielsweise erhalten Kinder, Jugendliche und Erwachsene die Möglichkeit, selbst die Technik in die Hand zu nehmen, um eigene Ideen medial umzusetzen und realisieren zu können. Vereine wie Blickwechsel e. V. haben z. B. eine Vielzahl praktischer Anregungen erarbeitet, wie man mit dem Mittel digitaler Fotografie kreativ mit Kindern und Jugendlichen arbeiten kann, aber auch, wie Hoaxes und Fake News zu erkennen sind. Stichwort Schule: 2/3 der Lehrpersonen fühlen sich nicht in der Lage, Unterricht unter Einbezug digitaler Medien vorzubereiten. Es fehlt an Internetzugängen und übergreifenden Konzepten. Bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche haben signifikant schlechtere Fähigkeiten hinsichtlich Internet-Recherche, Gestaltung von Ergebnissen und der Bewertung der erhaltenen Informationen, was die Dringlichkeit der Qualifikation bzw. Qualifizierung von Lehrer/innen aber auch Fachkräften der Sozialen Arbeit verstärkt.

Mitwirkende

Moderation

  • Matthias Selle, Vorstand Bildung, Jugend, Soziales, Kultur und Sport, Landkreis Osnabrück


Vortrag/Diskussion

  • Sabine Eder, Vorsitzende der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), Bielefeld
  • Stephan Groschwitz, Projektgruppe „Digitale Gesellschaft“ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin
  • Prof. Dr. Angela Tillmann, Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften, Technische Hochschule Köln

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