FF 1.11b Das entführte Kind – Betrachtung aus psychologischer Sicht

Zusammenfassung

In ihrem Vortrag ging Birgitte Beelen insbesondere auf die psycho-emotionalen Auswirkungen einer Kindesentführung auf die unvorbereitet aus ihrer Umgebung herausgerissenen Kinder ein. Da die betroffenen Kinder in aller Regel nicht angemessen beteiligt werden, reagieren sie mit Stress- und Angstsymptomen, können sich häufig sozio-emotional nicht altersentsprechend entwickeln und erleiden gar anhaltende posttraumatische Belastungsstörungen. Zur Verdeutlichung der teils sehr unterschiedlichen Verhaltensweisen entführter Kinder in Abhängigkeit von deren biologischem Geschlecht erläuterte die Referentin das Anxiety Model von Delfos, wonach Jungen häufiger aggressiv, Mädchen depressiv reagieren. Sie erläuterte und veranschaulichte darüber hinaus, welche schwerwiegenden neurologischen Auswirkungen solch massive Stresserfahrungen für in der Gehirnentwicklung befindliche Kinder haben können. Neben der Betrachtung dieser Stresserfahrung im Kontext der Entführung weist Birgitte Belen darauf hin, dass eine Rückführung, wie in Folge eines erfolgreichen Rückführungsverfahrens nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen, unter Umständen eine erneute Traumatisierung im Sinne einer Wiederholung der bereits erlebten Stresserfahrung bedeuten kann. Sie erläuterte, wie unerlässlich eine angemessene tatsächliche Beteiligung der betroffenen Kinder sei, um Schäden zu reduzieren, und dass es ebenfalls oft dringend erforderlich sei, wenngleich dies in der Praxis viel zu wenig erfolgt, dass die Kinder nach einer Entführungs- und/ oder Rückführungserfahrung ein gutes und auf ihre individuelle Situation abgestimmtes Therapieangebot bekommen. Hier sieht sie einen gravierenden Mangel und fehlende Kenntnisse auch in professionell mit Kindesentführung beschäftigten Stellen.

Mitwirkende

Impuls

  • Birgitte Beelen, Psychologin und Leiterin der Praxis SYNTAGMA (Niederlande)

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