FF 3.4 Gute Sozialräume und Infrastrukturen für Selbstbestimmung und Partizipation im Alter

Zusammenfassung

Ein selbstbestimmtes und aktives Leben zu führen, ist der mehrheitliche Wunsch älterer Menschen. In diesem Kontext sind Sozialraum und Quartier als lebensweltliche soziale Nahräume seniorenpolitisch relevante Bezugspunkte. Sozialräumliche Zugänge für Selbstbestimmung im Alter beschrieb Prof. Christian Bleck, Düsseldorf. Sozialraum und Quartier werden meist nicht trennscharf abgegrenzt. Die soziale Arbeit versteht Sozialraum mehrdimensional u.a. als Wechselbeziehung von sozialem Handeln und physischen Räumen, als Beobachtungs- und Handlungsdimension und als Gegenstand kommunal-administrativer Steuerung. Das Quartier ("alternsgerechte“ Q.) bezeichnet die Ebene der lokalen, kleinräumigen Rahmenbedingungen. Zentrale Elemente von Quartierskonzepten und Sozialraumorientierung in der Seniorenpolitik/Altenarbeit sind das Wohnen im vertrauten Umfeld, sich versorgen können, Beratung, Bildung und Begegnung, Gemeinschaft leben, sich engagieren können, Hilfe und Unterstützung erfahren und geben. In diesem Sinne braucht ein "guter“ Sozialraum: Wissen und Methodik um Zugänge zu generieren; über die Zielgruppenspezifik hinaus inklusives und generationsübergreifendes Denken; sektorenübergreifende Vernetzung und Kooperation vor Ort; Zeit für partizipative Analyse-, Entwicklungs- und Umsetzungsprozesse; Gestaltungsverantwortung der Kommune (inkl. partizipative Altenhilfe- und Sozialplanung); tragfähige rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen von Bund und Ländern.
Sozialräume leben vom Zusammenwirken von Kommune, Akteuren der Seniorenarbeit und der bürgerschaftlichen Partizipation der Älteren selbst. Partizipative Ermöglichungsstrukturen stellte Lisa Heite vom Generationennetz Gelsenkirchen vor. Reinhard Pohlmann, Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenbüros, zeigte die Schwachstellen der Altenhilfe (§ 71 SGB XII Soll-Leistung) auf und forderte analog der Kinder- und Jugendhilfe eine strukturelle Weiterentwicklung und rechtliche Absicherung der Daseinsvorsoge für die ältere Bevölkerung in den Kommunen. Hier seien Bund und Länder gefordert. Der Sozialraum ersetze keine notwendigen Infrastrukturen.
In der von Dagmar Vogt-Janssen, Fachbereichsleiterin Senioren der LH Hannover, moderierten Diskussion wurden aus der kommunalen Praxis eine angemessene Ausstattung der kommunalen Altenhilfe und eine verbindlichere rechtliche Grundlage (Pflichtaufgabe) angemahnt. Mit dem Verweis auf die "freiwillige“ Aufgabe Altenhilfe würden in finanzschwachen Kommunen gute Ansätze ausgebremst, Angebote reduziert oder auf individuelle Einzelleistungen nach § 71 SGB XII verwiesen. Die kommunale Seniorenpolitik brauche eine gesetzliche Grundlage (Altenstrukturgesetz o.Ä.). Zwar hätten viele Kommunen entsprechende Angebote geschaffen, diese stünden aber unter Rechtfertigungsdruck bei knappen Kassen. Die Bedingungen vor Ort für das Alter seien inakzeptabel disparat in Qualität und Quantität der Angebote und Leistungen. Eine tragfähige Senioren- und Generationenpolitik könne so nicht verwirklicht werden.

Mitwirkende

Moderation

  • Dagmar Vogt-Janssen, Leiterin Fachbereich Senioren, Landeshauptstadt Hannover


Vortrag/Diskussion

  • Prof. Dr. Christian Bleck, Professur Wissenschaft Soziale Arbeit, Fachbereich Sozial-und Kulturwissenschaften, Faculty of Social Sciences and Cultural Studies, Düsseldorf
  • Lisa Heite, Geschäftsführerin Generationennetz Gelsenkirchen e.V., Gelsenkirchen
  • Reinhard Pohlmann, Mitglied des Vorstandes Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e.V., Bonn

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