Drei Fragen an Prof. Helmut Kreidenweis

Im aktuellen Archivheft zum Thema "Soziale Arbeit in der digitalen Transformation" erläutert Prof. Helmut Kreidenweis in seinem Beitrag Grundlagen, Strategien und Rahmenbedingungen der digitalen Transformation und zeigt, wie diese sich auf Gesellschaft und Soziale Arbeit auswirkt. Im Interview spricht er darüber, warum der digitale Wandel nicht in erster Line eine technische Herausforderung ist. Prof. Helmut Kreidenweis lehrt Sozialinformatik an der Katholischen Universität Eichstätt und ist Gründer und Vorstand des Fachverbands Informationstechnologie in Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung FINSOZ e.V.

dv aktuell: Herr Prof. Kreidenweis, was bedeutet „digitale Transformation“ für soziale Organisationen?
Der digitale Wandel umfasst alle Dimensionen sozialer Organisationen und ihrer Dienstleistungen: Von der Binnenorganisation über die Arbeit mit Klient/innen, Angehörigen und Ehrenamtlichen bis hin zur Marktkommunikation, zur Mitarbeiterakquise und zum Informationsaustausch mit Kooperationspartnern oder Leistungsträgern. Diese Komplexität und die damit verbundenen Herausforderungen sind nicht durch unkoordinierte Einzelmaßnahmen zu bewältigen. Nur ein strategischer Ansatz führt hier zum Ziel. Zentrale Grundlage für eine solche Digitalisierungsstrategie ist die Erkenntnis, dass der digitale Wandel nicht in erster Linie eine technische Herausforderung ist. Er beginnt vielmehr in den Köpfen von Leitungskräften und Mitarbeitenden - und er ist ein agiler Prozess, der sein Gesicht permanent verändert.

dv aktuell: Wie reagieren soziale Träger auf digitale Entwicklungen wie die Vermittlung von Dienstleistungen über Online-Plattformen?
Bedenklich stimmt, dass viele Verantwortliche sozialer Träger die Entwicklungen bislang noch kaum wahrnehmen oder ihr disruptives Potenzial nicht erkennen. Genau wie dies schon in vielen anderen Branchen der Fall war, besteht auch in der Sozialwirtschaft die Gefahr, dass diese Entwicklungen aus Unwissenheit oder Fehleinschätzung so lange ignoriert werden, bis sich monopolartige Strukturen herausgebildet haben, die den direkten Kundenzugang in weiten Bereichen abschnüren und kaum noch Spielraum für Gegenreaktionen lassen. Hier sind die Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege, aber auch die Leistungsträger massiv gefordert, zügig gemeinsame Strategien zu entwickeln, wenn sie ihre zeitlich eng begrenzte Chance gegenüber den privatwirtschaftlichen Playern nutzen wollen.

dv aktuell: Welche Risiken birgt die Nutzung digitaler Medien für soziale Organisationen?
Ein intensivierter Einsatz digitaler Technik bringt es naturgemäß mit sich, dass eine größere Menge an Daten entsteht – im Kontext Sozialer Arbeit sind dies auch häufig hochsensible personenbezogene Daten. Organisationen, die sich stärker digitalisieren (aber auch schon solche, die klassische IT wie Word und Excel einsetzen!), brauchen folglich ein professionelles IT-Sicherheitsmanagement, das oft ebenso der Beratung und Unterstützung vonseiten der Verbandsebenen bedarf, denn insbesondere kleinere Träger sind damit oft überfordert.


Foto: Prof. Helmut KreidenweisProf. Helmut Kreidenweis, Dipl. Päd. (Univ.), Dipl.-Soz.päd. (FH), lehrt Sozialinformatik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt; Gründer und Vorstand des Fachverbands Informationstechnologie in Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung FINSOZ e.V.

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