2023

22.11.2023 – Zusammenspiel von Landesrahmenverträgen und Rechtsverordnungen in der Eingliederungshilfe

  1. § 131 Abs. 4 SGB IX ist unter Berücksichtigung seines Zwecks so auszulegen, dass die Landesregierung auch dann zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt ist, wenn in dem jeweiligen Bundesland bereits ein Landesrahmenvertrag gilt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der geltende Landesrahmenvertrag inhaltliche Fragen offenlässt, die nach der gesetzlichen Konzeption zwingend klärungsbedürftig sind.
  2. Ein Landesrahmenvertrag ist jedenfalls dann unvollständig und entfaltet damit keine vollumfängliche Sperrwirkung, wenn er zu einzelnen der nach § 131 Abs. 1 Satz 2 SGB IX vorgegebenen Vertragsinhalten keinerlei Regelung enthält oder wenn eine diese Inhalte betreffende Regelung so oberflächlich ist, dass sie die angestrebte Klärung erkennbar nicht herbeiführt. Eine Ausnahme ist lediglich hinsichtlich § 131 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB IX zu machen.
  3. Auf der anderen Seite ist ein Landesrahmenvertrag nicht schon dann als unvollständig einzustufen, wenn die Vertragsparteien nach § 131 Abs. 1 SGB IX zu einem vorgegebenen Vertragsinhalt eine Regelung getroffen haben, die den Vertragsparteien der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen einen weiten Verhandlungsspielraum belässt.
  4. Im Falle eines geltenden Landesrahmenvertrages und einer nachträglich in das Rechtsgeschehen eingreifenden Rechtsverordnung kann es zu Regelungswidersprüchen grundsätzlich nur dann kommen, wenn die Rechtsverordnung (auch) solche Bereiche berührt, hinsichtlich derer bereits der Landesrahmenvertrag Regelungen enthält und damit Sperrwirkung entfaltet. Die Rechtsverordnung ist dann zumindest teilweise von der Ermächtigungsgrundlage des § 131 Abs. 4 SGB IX nicht gedeckt und in diesem Umfang rechtswidrig.

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