Page 44 - Forum des Sozialen - Geschäftsbericht des Deutschen Vereins 2020
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Schwerpunktthemen 2020
GUTACHTEN DES DEUTSCHEN VEREINS ZU GRUNDSATZFRAGEN DES SOZIALRECHTS
 zu zahlenden Höchstbetrag von 75 % des Monatsdurchschnitts im Einzelfall nur mit dem Zufließen vorrangiger Mittel begründet werden könne. Diese Mittel müssten so hoch sein, dass der Abschlag von 25 % zu gering erscheine.
Mit einer jugendhilferechtlichen Fragestel- lung hat sich der Deutsche Verein in seinem Gutachten vom 30. März 2020 (NDV 2020, 392 ff.) befasst. Er nimmt Stellung dazu, ob es rechtlich zulässig ist, dass eine Mitarbei- terin bzw. ein Mitarbeiter des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe als Vertreter der freien Träger im Jugendhilfeausschuss mitwirkt. Nach den Regelungen des Sozial- gesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) sei eine solche Mitwirkung zwar nicht ausgeschlos- sen, kommunalverfassungsrechtlich könne sie aber gegen den Grundsatz der Unverein- barkeit von Amt und Mandat verstoßen.
In dem Bereich der wirtschaftlichen Jugend- hilfe hat der Deutsche Verein zwei Fragen aufgegriffen, die schon seit längerer Zeit diskutiert werden. Zum einen hat er in sei- nem Gutachten vom 8. Dezember 2020 zu der Frage der Kostenerstattung nach § 89a SGB VIII bei sog. Trägeridentität Stellung genommen. Letztlich sieht er auf Grundlage der aktuellen Gesetzesformulierung keine Möglichkeit einer Kostenerstattung in den Fällen, in denen der örtliche Träger der Jugendhilfe, der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig (geworden) sei, mit demjenigen
Träger identisch sei, der gemäß § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII zuvor zuständig war oder zuständig wäre. Da dieses Ergebnis jedoch in den Fällen zu unangemessenen Ergeb- nissen führe, in denen ohne die Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII ein Kostenerstat- tungsanspruch gegen einen anderen öf- fentlichen Träger der Jugendhilfe bestünde, appelliert er an den Gesetzgeber, § 89a SGB VIII insofern zu ändern. Zum anderen hat sich der Deutsche Verein in seinem Gut- achten vom 24. November 2020 (NDV 2021, 334 ff.) mit einer Fragestellung befasst, die in nächster Zeit vom Bundesverwaltungs- gericht zu entscheiden sein wird, weil dort entsprechende Verfahren zur Frage der ört- lichen Zuständigkeit für Jugendhilfeleistun- gen im Anschluss an Leistungen nach § 19 SGB VIII anhängig sind. Der Deutsche Verein stellt fest, dass eine Hilfe nach § 19 SGB VIII und eine sich anschließende Jugendhil- feleistung eine einheitliche Gesamtleistung darstellen können. Die Bestimmung der ört- lichen Zuständigkeit für die Anschlusshilfe sei nach Maßgabe des § 86 SGB VIII vorzu- nehmen. Eine Festschreibung nach § 86b Abs. 1 bzw. Abs. 3 SGB VIII (analog) – so wie sie von Teilen der Rechtsprechung vertreten werde – erfolge nicht.
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