Page 17 - Forum des Sozialen - Geschäftsbericht des Deutschen Vereins 2020
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Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V.
INTERVIEW MIT DER GESCHäFTSLEITUNG DES DEUTSCHEN VEREINS
  N. Schmidt: Die Pandemie hat für die Arbeit des Deutschen Vereins und der Ge- schäftsstelle neben vielen Herausforderun- gen vor allem einen Digitalisierungsschub gebracht. Wir haben mit einer großen Kraftanstrengung innerhalb kürzester
Zeit vieles umgesetzt und auf den Weg gebracht, das ursprünglich als langfristig angelegter Digitalisierungsprozess geplant war. Mit digitalen Fachveranstaltungen hat der Deutsche Verein sogar mehr Teilneh- mende und neue Zielgruppen erreicht. Unsere verbandlichen Arbeitsgremien haben hauptsächlich in Videokonferen-
zen getagt. Die Funktionsfähigkeit dieser Gremien war gerade in der Zeit der Pande- mie sehr erfreulich, in der Kommunen und Freie Wohlfahrtspflege gemeinsam um die Aufrechterhaltung der sozialen Infrastruktur gerungen haben.
DV: Welche Erfahrungen nehmen Sie aus der COVID-19-Pandemie für die Verbands- arbeit mit und welche Erkenntnisse ziehen Sie aus dieser Krise für den Sozialstaat der Zukunft?
M. Löher: Trotz der Vielzahl digitaler Mög- lichkeiten wurde im vergangenen Jahr auch deutlich, dass die Verbandsarbeit wesent- lich vom persönlichen Kontakt und von der Vernetzung lebt. In Zukunft wird daher ein ausgewogenes Verhältnis zwischen digita- len Formaten und persönlichen Treffen die Grundlage für eine gelingende Verbandsar- beit sein. Um digitale Beschlussfassungen als zusätzliche Option zu Präsenzveran- staltungen auch nach der Pandemie zu er- möglichen, planen wir eine entsprechende Satzungsänderung.
N. Schmidt: Gerade der Sozialstaat hat sich in der Krise bewährt und ist ein Garant für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die COVID-19-Pandemie hat aber auch wichtige Handlungserfordernisse offengelegt, auf die der Deutsche Verein bereits lange aufmerk- sam macht: Wir brauchen grundlegende Verbesserungen für die sozialen Berufe
und eine umfassende Reform der Pflege. Fragen der Vereinbarkeit dürfen nicht mehr unter den Tisch fallen. Wenn im Anschluss an die Krise finanzielle Verteilungsfragen auf der Agenda stehen, dürfen Kinder und Jugendliche, die in der Krise oft zurück- stecken mussten, auf keinen Fall erneut
das Nachsehen haben. Vielmehr müssen nachhaltige Maßnahmen gegen Bildungs- ungleichheit und für wirksame Teilhabe im Fokus stehen. Dazu sollten Sozialpolitik und Bildungspolitik zusammengedacht werden. Es gibt noch viele offene Baustellen, aber mit den richtigen Weichenstellungen kann der Sozialstaat gestärkt und krisenfest aus der COVID-19-Pandemie hervorgehen.
M. Löher: Die Zukunft des Sozialstaats ist auch Thema des 82. Deutschen Fürsorgeta- ges vom 10. bis 12. Mai 2022 in Essen. Unter dem Motto „Der Sozialstaat sichert unsere Zukunft – sichern wir den Sozialstaat!“ laden wir alle herzlich ein, mit uns gemein- sam zu diskutieren.
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