Gutachten zum Wunsch- und Wahlrecht hinsichtlich eines Wohnens außerhalb einer besonderen Wohnform unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Menschen mit schweren geistigen Behinderungen

G 4/23Gutachten zum Wunsch- und Wahlrecht hinsichtlich eines Wohnens außerhalb einer besonderen Wohnform unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Menschen mit schweren geistigen Behinderungen

G 4/23

Gutachten zum Wunsch- und Wahlrecht hinsichtlich eines Wohnens außerhalb einer besonderen Wohnform unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Menschen mit schweren geistigen Behinderungen

  1. Die Regelung des § 104 Abs. 3 Satz 3 SGB IX vermittelt einen Anspruch auf ein Wohnen außerhalb einer besonderen Wohnform unabhängig von den damit einhergehenden Mehrkosten.
  2. Die Äußerung eines Wunsches über die präferierte Wohnform setzt weder Geschäftsfähigkeit noch sozialrechtliche Handlungsfähigkeit voraus, wohl aber eine basale gegenstandsbezogene Einsichtsfähigkeit. Sofern eine volljährige leistungsberechtigte Person nicht über diese gegenstandsbezogene Einsichtsfähigkeit verfügt, wird in der Regel der rechtliche Betreuer dazu berufen sein, den mutmaßlichen Willen der Person hinsichtlich der präferierten Wohnform zu ermitteln und ihm Geltung zu verschaffen.
  3. Inwieweit es sich bei der präferierten Wohnform um „ein Wohnen außerhalb einer besonderen Wohnform“ im Sinne des § 104 Abs. 3 Satz 3 SGB IX handelt, ist anhand des Vorliegens bestimmter qualitativer Voraussetzungen zu entscheiden. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann je nach den tatsächlichen Gegebenheiten und besonderen Bedarfen der Leistungsberechtigten nicht leicht zu beurteilen sein. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass für Personen mit schweren geistigen Behinderungen ein möglichst selbstbestimmtes Wohnen außerhalb einer besonderen Wohnform grundsätzlich nicht möglich wäre.

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