Soziales zukunftsfest machen – Gute Pflege für alle sichern!

Dokumentation des Parlamentarischen Abends des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V.

Am 19. März 2024 fand in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt zum elf-ten Mal der gemeinsame Parlamentarische Abend des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) statt. Über 120 Gäste aus der Bundes- und Landespolitik, aus Verbänden, Wissenschaft, (Sozial-)Wirtschaft und Sozialgerichtsbarkeit waren anwesend und diskutierten über das Thema des Abends: „Soziales zukunftsfest machen – Gute Pflege für alle sichern!“

Dr. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Deutschen Vereins, betonte in ihrer Begrüßungsrede die aktuellen Herausforderungen, vor denen die Pflege als wesentlicher Baustein des Sozialsystems steht. Es bedarf dauerhaft tragfähiger Lösungen und passender Rahmenbedingungen, um dem demografischen
Wandel, dem Mangel an Arbeitskräften und den steigenden Kosten zu begegnen. „Die Sicherstellung einer guten Pflege ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen. Um unser Pflegesystem zu stabilisieren, ist es notwendig, sowohl die Strukturen in der Pflege weiterzuentwickeln als auch die Finanzierung der
Pflegeversicherung auf eine sichere Grundlage zu stellen.“
 

 

Grußwort des Bundesgesundheitsministers

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach hob in seinem digitalen Grußwort hervor, dass der Sozialstaat krisenfest sei. Den finanziellen Herausforderungen und Belastungen durch die aktuellen tiefgreifenden Krisen habe er standgehalten. Auch für die Pflege gelte es nun, die Finanzierung auf lange Sicht zu sichern. Die Beitragserhöhungen und die Maßnahmen zur Dämpfung der Kostensteigerungen seien nur
ein Zwischenschritt. Aktuell erarbeite eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe Empfehlungen zur Finanzierung der Pflegeversicherung. Mit dem Pflegekompetenzstärkungsgesetz sollen die Befugnisse der Pflegefachkräfte erweitert werden, damit diese die Kompetenzen, über die sie verfügen, zukünftig auch tatsächlich einsetzen und nutzen können. Damit soll die Eigenständigkeit der Pflege gestärkt und der Beruf attraktiver gemacht werden.

 

Diskussion

Im Anschluss diskutierten Dr. Martin Schölkopf, Leiter der Abteilung 4 – Pflegeversicherung und -stärkung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), Sepp Müller, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,Dr. Irene Vorholz, Beigeordnete des Deutschen Landkreista-
ges, und Michael Groß, Vorsitzender des Präsidiums des AWO Bundesverbandes e. V. und Präsident der BAGFW, moderiert durch den Vorstand des Deutschen Vereins, Michael Löher, die angesprochenen Themen.
Große Einigkeit bestand darin, den ambulanten Bereich zu stärken und die Unterstützung pflegender Angehöriger weiter zu verbessern. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, Sepp Müller, sowie Michael Groß von der BAGFW, sprachen sich für die im Koalitionsvertrag enthaltene Einführung eines Pflegegeldes bzw. einer Lohnersatzleistung aus. Herr Groß forderte von der Bundesregierung, das nötige Geld zur Verfügung zu stellen. Mit der Forderung nach einer klarenRegelung des individuellen Case-Managements, durch welches im Einzelfall Unterstützung, Behandlung und Versorgung organisiert wird und damit pflegende Angehörige entlastet werden, brachte Dr. Irene Vorholz eine langjährige Forderung auch des Deutschen Vereins in die Diskussion ein

Teilnehmende der Podiumsdiskussion v. l. n. r.: Michael Groß, Präsident der BAGFW e. V. und der Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V., Martin
Schölkopf, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Gesundheit, Michael Löher, Vorstand des Deutschen Vereins e. V., Dr. Irene Vorholz, Beigeordnete des
Deutschen Landkreistages, und Sepp Müller, MdB, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Hinsichtlich der Finanzierung der Pflegeversicherung bestand zwischen CDU/CSU-Fraktion und der Freien Wohlfahrt Übereinstimmung darüber, sogenannte versicherungsfremde Leistungen der Pflegeversicherung durch einen Steuerzuschuss zu finanzieren. Zur wichtigen Frage der Gewinnung und Sicherung von Arbeitskräften in der Pflege hob Dr. Martin Schölkopf, Abteilungsleiter BMG, hervor, dass die Beschäftigtenzahlen zugenommen haben, gleichwohl der Bedarf noch höher ist. Die Bundesregierung will die Attraktivität des Berufes durch unterschiedliche Gesetzesvorhaben steigern. Dazu gehört die bundeseinheitliche Regelung des Assistenzbereichs, zu der zeitnah eingemeinsamer Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und des Bundesgesundheitsministeriums vorgelegt werden soll. Das bereits durch den Bundesminister benannte Pflegekompetenzstärkungs-gesetz soll zudem in der alltäglichen Arbeit der Fachkräfte zu Entlastungen führen und für akademisch ausgebildete Pflegekräfte mit einem Masterabschluss eine klare berufliche Perspektive schaffen. In diesem Zusammenhang forderte Sepp Müller ein durchlässiges Ausbildungssystem, das dem Anspruch „kein Abschluss ohne Anschluss“ entspreche. Dr. Irene Vorholz nannte als zentrale Vorschläge des Deutschen Land-kreistages zur Fachkräftesicherung verstärkte Anstrengungen, um rückkehrwillige Pflegekräfte zurückzugewinnen, die Schaffung guter Arbeitsbedingungen z.B. durch verlässliche Dienstpläne sowie die Vereinfachung und Beschleunigung der Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Übereinstimmung herrschte auch bezüglich der Notwendigkeit, die Rolle der Kommunen in der Pflege zu stärken. Hier besteht von Seiten der Kommunen seit Langem die Forderung einer verbindlichen Berücksichtigung der Pflegeplanung durch die Kassen. Außerdem solle im SGB IX klarer geregelt werden, wer wofür Verantwortung trägt. Auch von Seitender Freien Wohlfahrt wurde die verbindliche Planung betont und darauf hingewiesen, dass die Kommunen auch finanziell in die Lage versetzt werden müssten, vor Ort gute Strukturen zu schaffen. Sepp Müller benannte Versäumnisse der Länder und fordert eine hundertprozentige Finanzierung kommunaler Pflegezentren, wenn diese gewollt seien. Festgehalten werden kann die große grundsätzliche Übereinstimmung darüber, dass die zukunftsfähige Gestaltung des Pflegesystems eine dringende gesamtgesellschaftliche Herausforderung ist, welche nur gemeinsam gemeistert werden kann.

Erfahren Sie mehr über die Erwartungen des Deutschen Vereins an die Politik in unserem Thesenpapier für eine zukunftsfähige Gestaltung der Pflege:

Thesenpapier zum Parlamentarischen Abend