FF 2.4 Familienförderung – jetzt aber wirklich?

Zusammenfassung

Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, wie dringend Kinder, Jugendliche und ihre Familien vor Ort auf niedrigschwellige Unterstützung und Beratung angewiesen sind. Dennoch gilt Familienförderung vielfach als "freiwillige“ Leistung der Kommune – eine langfristige Erstellung von Angeboten, die in Umfang, Qualität und Finanzierung verbindlich gesichert sind, erfolgt oft nicht. Mit dem neu gefassten § 16 SGB VIII werden das inhaltliche Leistungsspektrum der Familienförderung exemplarisch aufzeigt und die Entwicklung vernetzter, kooperativer und sozialraumorientierter Angebotsstrukturen gefordert. Eine Verpflichtung der Länder zur Formulierung konkreter Ausführungsbestimmungen und Förderrichtlinien gibt es jedoch nicht. Auf Länderebene gibt es unterschiedliche Ansätze, Qualität und Quantität der Familienförderung abzusichern – zum Beispiel durch die Einführung eines Familienfördergesetzes. Vor diesem Hintergrund diskutierten im Fachforum Vertreter/innen aus Bundesländern die bereits ein Familienfördergesetz haben (Berlin, Thüringen) mit Akteuren und Akteurinnen die dabei sind, ein solches Gesetzesvorhaben zu initiieren (BaWü), und ein Vertreter aus der Wissenschaft, der die Einführung und Umsetzung der Familienförderung in Thüringen begleitet hat. Familienförderung, so die Diskutanten, leistet letztlich einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts – dies gilt im Besonderen für strukturschwache Regionen.
Damit Familienförderung diese Wirkung entfalten kann, braucht es jedoch eine strukturierte, empiriegesteuerte Planung und eine verbindliche, langfristige Finanzierung. Dazu können Landesprogramme einen finanziellen und fachlichen Rahmen definieren, dessen Verfügbarkeit dann über ein Gesetz gesichert wird. Statt jährlicher Antragsstellungen und schwankender Fördersummen ist so der Aufbau von verlässlichen und wirklich bedarfsgerechten Strukturen möglich. Denn um passende Angebote für Familien zu etablieren, braucht es auch eine Fehlerkultur in der ‚nicht jeder Euro ein Erfolg sein muss‘, sondern die Möglichkeit besteht, daraus zu lernen und bspw. Familien sowie Einrichtungen in die Angebotsentwicklung einzubinden (als echte Partizipation und nicht als Rechtfertigung einer bereits getroffenen Entscheidung). Dabei gilt es, auch die lokale Familienpolitik zu aktivieren und den Kommunen eine aktive, gestalterische Rolle zu geben, sie als Experten vor Ort zu begreifen. Dies ist aber nur möglich, wenn ein Gesamtrahmen gegeben ist, wenn auch die politische Ebene für die Bedarfe vor Ort sensibilisiert und überzeugt wird. Hilfreich für diese Überzeugungsarbeit sind die Vernetzung der Akteure auf Landes- und Landkreisebene, weicher, aber beständiger Druck und der Verweis auf die "best-practice-Erfolge“ anderer Länder.

Mitwirkende

Moderation

  • Matthias Selle, Dezernent im Landkreis Osnabrück und Präsidiumsmitglied im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V.


Vortrag/Diskussion

  • Benjamin Fröhlich, Referat 25, Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
  • Rosemarie Daumüller, Landesfamilienrat Baden-Württemberg, Stuttgart
  • Prof. Dr. Jörg Fischer, Fachbereich Soziale Arbeit an der Fachhochschule Erfurt
  • Dr. Stefanie Hammer, Referat 25, Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
  • Regine Schefels, Referatsleitung III B Familienpolitik in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie des Landes Berlin

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