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 AUS DEM DEUTSCHEN VEREIN
NDV 12/2021
Persönliche Nachrichten
Irme Stetter-Karp
–rm– Es gibt Kar- rieren, die am Ende der gesetz- lich vorgesehe- nen Altersgren- ze noch einmal richtig Fahrt auf- nehmen. Als Irme
Stetter-Karp Ende September 2020 in den Ruhestand ging, lag bereits eine eindrucksvolle berufliche Vita mit zahl- reichen Führungsaufgaben und Ehren- ämtern hinter ihr. Nicht zuletzt ihrem Engagement und ihren Erfahrungen als Vizepräsidentin des Deutschen Caritas- verbandes war es geschuldet, dass Irme Stetter-Karp nur wenige Wochen nach ihrem Ausscheiden als Ordinariatsrätin und Leiterin der Hauptabteilung Caritas im Bischöflichen Ordinariat der Diöze- se Rottenburg-Stuttgart zur Präsidentin des Deutschen Vereins gewählt wurde.
Aber damit nicht genug: Am 20. Novem- ber 2021 wählte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) Irme Stet- ter-Karp als Nachfolgerin von Thomas Sternberg zur Präsidentin. Das ZdK – der Zusammenschluss von Vertreter/ innen der Diözesanräte und der katho- lischen Verbände sowie von Institutio- nen der Laienvertretung und weiteren Persönlichkeiten aus Kirche und Gesell- schaft – ist das von der Deutschen Bi- schofskonferenz anerkannte Organ, das das „Laienapostulat“ koordinieren und die apostolische Tätigkeit der Kirche fördern soll.
Wer ist die Frau, die diese und zahlrei- che weitere Aufgaben ehrenamtlich und mit großer Leidenschaft angeht?
Irme Stetter-Karp wurde am 13. Novem- ber 1956 in Ellwangen an der Jagst im schwäbischen Ostalbkreis als zwölftes Kind einer Bauern- und Gastwirtsfami-
lie geboren. Vor ihrer Promotion zur So- zialwissenschaftlerin absolvierte sie die Studiengänge Sozialarbeit und Pädago- gik in Esslingen und Tübingen, die sie jeweils mit dem Diplom abschloss. 1980 startete sie ihre berufliche Laufbahn in der Altenarbeit in Stuttgart. Ab 1981 war sie viele Jahre lang in Führungspositio- nen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart tätig, einer Diözese, die in ihren Grenzen dem ehemaligen Land Württemberg entspricht. Nach Tätigkeiten in der Ju- gendverbandsarbeit, u.a. als Diözesan- vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und Lei- terin des Bischöflichen Jugendamtes, widmete sich Irme Stetter-Karp der Er- wachsenenbildung als Leiterin des Di- özesanbildungswerks und von 1996 bis 2000 als Leiterin des Bildungswerkes, das heute als „keb“ bekannt ist. 1997 promovierte sie zu dem Thema „Wir und das Fremde: Ein Lehrstück über die Funktionalisierung des Fremden in der Lebensgeschichte von Frauen. Ein Bei- trag zur Präzisierung interkultureller Er- wachsenenbildung“. Im Jahre 2000 wur- de sie zur Direktorin des Caritasverban- des der Diözese Rottenburg-Stuttgart gewählt, 2006 zur Ordinariatsrätin und Leiterin der Hauptabteilung Caritas im Bischöflichen Ordinariat ernannt. Nach 39 Jahren im Dienst der Diözese Rotten- burg-Stuttgart ging sie im September 2020 in den Ruhestand.
Auch wenn Irme Stetter-Karp ihrer würt- tembergischen Heimat und ihre Diöze- se immer eng verbunden blieb, mach- te sie sich doch schnell bald außerhalb der Landesgrenzen einen Namen. Be- reits in den 1980er-Jahren wurde sie als eine von acht Frauen von der Deut- schen Bischofskonferenz zur ökume- nischen Weltkonferenz berufen, später beschäftigte sie sich wissenschaftlich und beruflich mit Fragen des interkul- turellen Verstehens, der Migrations- und Flüchtlingspolitik. Auf den von Papst Jo-
hannes Paul II. angeordneten Ausstieg der katholischen Kirche aus dem staat- lichen System der Schwangerschafts- konfliktberatung reagierte Irme Stetter- Karp, indem sie 1999 den Landesver- band Baden-Württemberg des Vereins „donum vitae“ mitgründete. Über viele Jahre sorgte der von Laien gegründete Verein für heftige Diskussionen inner- halb der Katholischen Kirche und der Caritas.
Für eine Frau, die in die obersten Füh- rungsriegen der katholischen Kirche aufgestiegen war, hatten Fragen der Gleichstellung und der Rolle der Frau- en in der Kirche immer eine besonde- re Bedeutung, nicht zuletzt in den Jah- ren 2007 bis 2019, als Irme Stetter-Karp Bundesvorsitzende von IN VIA Deutsch- land, dem Katholischen Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit, war. Seit 2010 ist sie zudem Vizepräsidentin des Deutschen Caritasverbandes (DCV). Ab 2016 vertrat sie den DCV im ZdK; ein Jahr später zog sie in den Hauptaus- schuss des ZdK ein. Als eine „psychisch starke Herausforderung“ bezeichnete Irme Stetter-Karp die Aufarbeitung der Heimerziehung in den Jahren ab 2008. Sie selbst hatte sehr früh eine wissen- schaftliche Studie in Auftrag gegeben, die zu einer Buchveröffentlichung mit dem Titel: „Die Zeit heilt keine Wun- den“ führte. Dieses Thema konnte sie auch als Beraterin der Kommission Ca- ritas der Deutschen Bischofskonferenz über zehn Jahre und als berufenes Mit- glied im Beirat des Landes Baden-Würt- temberg fachlich begleiten. Eine wei- tere Herausforderung nahm sie als De- legierte der Synodalversammlung im Synodalen Weg der Katholischen Kirche in Deutschland von 2019 bis 2021 an, in der es um die Aufarbeitung von Fragen geht, die sich nach der Veröffentlichung einer Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche ergeben haben.
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