Page 20 - Nachrichtendienst NDV 12/2021
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 IM FOKUS
NDV 12/2021
Analysen aus unterschiedlichen Bundesländern zeigen über- einstimmend auf, dass der Radius der Personalbindung in den Einrichtungen rund 20 Kilometer beträgt.
1. Theoretisches Rahmenmodell
Für das Monitoring Pflegepersonalbedarf wird ein Modell ver- wendet, das erstmals im Rahmen der Landesberichterstat- tung Gesundheitsberufe NRW 2010 eingesetzt und in der Fol- ge beständig weiterentwickelt wurde (Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung 2010). Eingesetzt wurde das Mo- dell u.a. auch im Rahmen des Landespflegeberichts Nieder- sachsen 2020 (Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Ge- sundheit und Gleichstellung 2021).
Im Zentrum des Modells steht die Betrachtung der pflegeri- schen Potenziale und Beschäftigung entlang eines Qualifizie- rungs- und Erwerbszyklus. Beginnend mit dem Bewerberpo- tenzial werden in den Ausbildungsstätten die Qualifizierungen der Pflegenden ermöglicht. Aus den Ausbildungsstätten he- raus münden qualifizierte Pflegende in den Arbeitsmarkt ein. Hier bestehen unterschiedliche Betriebsstätten, in denen Pfle- gende arbeiten. Fluktuationen der Pflegenden bestehen in- nerhalb der Sektorengrenzen (intrasektoriell) und zwischen den Sektoren (intersektoriell). Darüber hinaus kann es auch zu einem Ausstieg aus dem Beruf kommen. Dieser kann tem- porärer Natur sein (z. B. durch eine Familiengründungsphase) oder aber final erfolgen (z. B. durch Berufsausstieg oder dem Eintritt ins Rentenalter).
Für eine Diskussion der pflegerischen Potenziale sind entlang dieses Qualifizierungs- und Erwerbszyklus zahlreiche Daten und Hinweise von Interesse, die jedoch nur in Teilen in amtli-
chen Statistiken oder auf der Basis von Sonderauswertungen durch den Statistik Service der Bundesagentur für Arbeit be- reitgestellt werden können. Daher ist eine zentrale Grundlage eines Pflegepersonalmonitorings die Befragung der Einrich- tungen vor Ort. Dazu werden neben Kennzahlen der Perso- nalbesetzung, der Fluktuation, der Ausbildung etc. weiterfüh- rende Einschätzungen zu formulierten Arbeitshypothesen und Aussagen durch die Einrichtungen bewertet. Von herausgeho- bener Bedeutung ist, dass ein Pflegepersonalmonitoring sek- torenübergreifend vorgenommen wird und sowohl die Qua- lifizierungsseite als auch die Betriebsseite gleichermaßen in den Blick genommen wird. Trennungen der sozialrechtlichen Betrachtung (z. B. durch SGB XI und SGB V) werden an dieser Stelle aufgehoben und ermöglichen eine zusammenfassende Gesamtbetrachtung.
Erfasst werden können durch Datenanalysen und Befragungs- ergebnisse entlang des Modells beispielsweise Bewerberzah- len, Quoten der Berufseinmündenden, spezifische Bedarfe des Personals für unterschiedliche Aufgaben in den Einrich- tungen, die Teilzeitquote der Beschäftigten oder auch Wande- rungsbewegungen des Personals zwischen und innerhalb der Sektoren. Darüber hinaus kann der notwendige Ersatzbedarf an Pflegenden konkreter bestimmt werden, der sich aus der Fluktuation ergibt, oder der Veränderungsbedarf, der prog- nostisch die Planung der Personalentwicklung zum Erreichen der betrieblichen Ziele in den Einrichtungen widerspiegelt.
2. Primär- und Sekundärdatenanalysen
Relevante Daten zur pflegerischen Versorgung und Beschäf- tigung liegen in zahlreichen, jedoch selektiven und nicht in- terpretierten Formen vor. Die Krankenhausstatistik sowie
die Pflegestatistik vermitteln zentra- le, jedoch nur ausgewählte Kennzah- len (Statistisches Bundesamt 2020b, 2020a). Diese sind nur begrenzt nutz- bar, um Rückschlüsse auf eine kom- munale Versorgungssicherung zu zie- hen. Nicht nur die aggregierte Tiefe der zur Verfügung stehenden Daten auf der Ebene der Bundesländer ist oftmals zu hoch, um Interpretationen vor Ort zu ermöglichen. Es fehlt da- rüber hinaus der zusammenhängen- de Blick mit den Wechselwirkungen sowie den systematischen Verschrän- kungen der Sektoren der Versorgung und der Beschäftigung und Qualifizie- rung. Die zeitlichen Bezüge (z.B. Pfle- gestatistik 2019 wird 2021 vorgelegt) erschweren eine aktuelle Diskussion.
 Abbildung 1: Multifaktorielles Angebots- und Nachfragemodell
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