Page 14 - Nachrichtendienst NDV 12/2021
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 IM FOKUS NDV 12/2021
Andreas Rieß, Thomas Pruisken:
Personzentriertes und ICF-gestütztes Teilhabemanagement
Ein Praxisbeispiel der Josefs-Gesellschaft gGmbH
Bereits seit 2005 beschäftigt sich die Josefs-Gesellschaft gGmbH (JG-Gruppe) mit dem System der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Ge- sundheit (ICF) und hat auf dieser Grundlage das JG.Teilhabemanagement entwickelt.
Die JG-Gruppe ist eines der größten katholischen Sozialunter- nehmen Deutschlands mit über 10.000 Mitarbeitenden und 39 Beteiligungsgesellschaften in sechs Bundesländern. In ih- rer Trägerschaft befinden sich Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, Seniorenzentren und Krankenhäuser. Im Vordergrund steht die Arbeit mit und für Menschen, in der wir stets darauf bedacht sind, die notwendige Unterstützung, Be- gleitung und Assistenz zu bieten, um ein möglichst selbstbe- stimmtes, gesundes und aktives Leben zu ermöglichen.
Bereits im Jahr 2013 hat die JG-Gruppe aufgrund ihres quali- tativen Selbstverständnisses begonnen, ein umfassendes per- sonzentriertes Teilhabemanagement-System zu entwickeln und sukzessive in allen Beteiligungsgesellschaften der Ein- gliederungshilfe zu implementieren, um sowohl in fachlicher und organisatorischer als auch in technischer Hinsicht ein in- tegriertes Leistungssystem planbar, dokumentierbar und ab- rechenbar zu machen. Dies war eine Investition, die sich nun insbesondere hinsichtlich der Anforderungen des Bundesteil- habegesetzes (BTHG) zu einer personzentrierten und ICF-ge- stützten Leistungserbringung auszuzahlen scheint.
1. Im Mittelpunkt der Mensch
Die stufenweise Umsetzung des BTHG gilt als entscheidender Schritt des Paradigmenwechsels in der Assistenz für Menschen mit Behinderung, der mit der deutschen Ratifizierung der UN- Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 angestoßen wur- de. Nachdem die Trennung von Fachleistungen und exis- tenzsichernden Leistungen zum Januar 2020 sozialrechtlich vollzogen wurde, ist die Umstellung auf ein personzentriert abgestimmtes Leistungsmodell unterschiedlicher Assistenz- und Leistungsformen unabhängig vom Wohnort zwar landes- rechtlich weitestgehend festgelegt worden, aber in der Praxis
der Refinanzierung und der Leistungserbringung noch nicht wirklich angekommen. Im alltäglichen Arbeiten ist ein sehr he- terogenes Vorgehen zu erleben, welches in der Regel immer noch den Leistungsgesetzen und den einzelnen Lebensberei- chen folgt. Eine diese Säulen überwindende Planung, wie sie das BTHG vorsieht, findet nur in Einzelfällen statt.
Überregionale Leistungserbringer wie die JG-Gruppe arbeiten mit einer Vielzahl verschiedener Leistungsträger zusammen. Je nach Bundesland oder sogar je Kommune werden unter- schiedliche Anforderungen gestellt, um den Leistungsbedarf einzuschätzen und zu planen. Die JG-Gruppe bedient mehr als 40 verschiedene Dokumente, von den unterschiedlichen Hilfe- und Teilhabeplänen der Leistungsträger in der Einglie- derungshilfe bis zu Entwicklungsberichten und Leistungs- so- wie Verhaltensbeurteilungen der Agentur für Arbeit oder der Jugendhilfe. Zum großen Teil sind die Dokumente nach voll- kommen unterschiedlichen Strukturen aufgebaut.
  Andreas Rieß
ist Geschäftsführer der Josefs-Gesellschaft gGmbH, Köln.
Dr. Thomas Pruisken
ist Geschäftsführer der JOVITA Rheinland gGmbH (Teil der JG-Gruppe), Köln.
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