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 NDV 12/2021
IM FOKUS
Ablauforganisation: Analysieren Sie die IST-Prozesse der Be- darfserhebung und -bewilligung in beiden Rechtskreisen und definieren Sie gemeinsame, schlanke und digitale SOLL-Pro- zesse.
Kultur: Schaffen Sie Verständnis für die anstehenden Verän- derungen und ein attraktives Zielbild. Analysieren Sie die un- terschiedlichen Haltungen und Kulturen beider Teilämter und ermöglichen Sie ein erstes Beschnuppern der Mitarbeitenden und der Führungskräfte. Denn Achtung: Das Selbstverständ- nis, mit dem Jugendämter und Sozialämter/Träger der Ein- gliederungshilfe aktuell Fallarbeit mit und für junge Menschen erbringen, könnte häufig unterschiedlicher kaum sein.
Steuerung: Knüpfen Sie ein enges Netzwerk mit Rehabilitati- onsträgern und sozialräumlich arbeitenden Leistungserbrin- gern. Analysieren Sie die vorhandenen Steuerungsinstrumen- te beider Rechtskreise. Befähigen Sie Ihre Führungskräfte zu führen und zu steuern. Und auch wenn es weh tut: Etablieren Sie ein Fach- und Finanzcontrolling, das den Namen verdient. Die fallbezogene und fallübergreifende Perspektive muss glei- chermaßen abgebildet werden.
Schritt 2: Eine Organisationseinheit.
Aufbauorganisation: Führen Sie die Organisationseinheiten, die sozialpädagogisch und verwalterisch mit Eingliederungs- leistungen nach SGB VIII und SGB IX befasst sind, in einer Or- ganisationseinheit unter einer Leitung zusammen. Etablieren Sie ein gemeinsames, interne Prozesse steuerndes Eingangs- management. Etablieren Sie ein Qualität, Leistungen und Kos- ten steuerndes Trägermanagement.
Ablauforganisation: Synchronisieren Sie die Prozesse in Teil- habeplanung und Leistungssachbearbeitung beider Rechts- kreise zum zuvor definierten, schlanken SOLL. Sorgen Sie für einheitliche IT-Fachanwendungen und Bedarfsermittlungsins- trumente. Ermöglichen Sie eine digitale Antragstellung. Defi- nieren Sie Aufgaben, Rollen und Kommunikationslinien. Etab- lieren Sie gemeinsame Fallbesprechungen. Sorgen Sie dafür, dass Zuständigkeitsgerangel nicht auf dem Rücken der Leis- tungsberechtigten, sondern immer und sehr zeitnah über die Führungskräfte geklärt wird.
Kultur: Entwickeln Sie anhand entscheidungskritischer Situa- tionen ein gemeinsames Verständnis von Führung, von Teil- habeplanung und von Sachbearbeitung. Erarbeiten Sie eine gemeinsame, willkommen heißende Haltung gegenüber Men- schen mit Behinderung in Ihrem Jugendamt. Beziehen Sie bei alledem Führungskräfte und Mitarbeitende ein.
Steuerung: Entwickeln Sie Steuerungsinstrumente, die zu- gleich die Ansprüche der Leistungsberechtigten gewähren
und Ressourcenschonung beachten. Binden Sie Steuerungs- momente proaktiv in die Prozesse ein. Haben Sie stets einen sicheren Blick nicht nur auf die Kostenentwicklung, sondern auch auf deren Ursachen.
Schritt 3: Ein inklusiver ASD.
Aufbauorganisation: Entwickeln Sie Teams, in denen jede/r Mitarbeitende Teilhabeleistungen nach SGB VIII und SGB IX bearbeitet. Ermöglichen Sie einen strukturierten Wissens- transfer zwischen Ihren Mitarbeitenden und befähigen Sie sie für beide Rechtskreise.
Ablauforganisation: Setzen Sie Hilfen aus einer Hand um und bestehen Sie auf einer echten Personenzentrierung in einem inklusiven ASD: Jede/r Mitarbeitende setzt Teilhabeleistungen nach SGB VIII und SGB IX sukzessive sicher und ressourcen- schonend um – die Prozesse sind ja bereits schlank und syn- chronisiert. Bereinigen Sie letzte Schnittstellenfragen.
Kultur: Etablieren Sie eine gemeinsame Kultur, die das Beste aus beidem bewahrt. Integrieren Sie die freien Träger in Ihre Kultur: Machen Sie gemeinsame Schulungen und gemeinsa- me Haltungs- und Teamentwicklung. Ermöglichen Sie eine Fallbearbeitung im gegenseitigen Austausch, denken Sie ge- meinsam über Fachfragen und -standards nach und – nicht vergessen! – feiern Sie Ihre Erfolge zusammen.
Steuerung: Erproben Sie Ihre Steuerungsinstrumente in der Praxis. Denken Sie bei Steuerungsfragen an alle drei Dimensi- onen: Aufbauorganisation, Ablauforganisation und Kultur.
Sie sehen: Es gibt viel zu tun. Die Jugendhilfe wird zwar erst ab 2028 vorrangig für Eingliederungsleistungen für alle jungen Menschen zuständig (falls bis 2027 das entsprechende Bun- desgesetz verkündet wird). Aber die organisationalen, prozes- sualen und kulturellen Baustellen sind so groß, dass Sie nicht bis 2027 warten können (vgl. Müller-Fehling 2021, 39). Sie wür- den unweigerlich in eine bloß reaktive und Löcher stopfende Schleife geraten und einen Großteil Ihrer Handlungsspielräu- me einbüßen. Der Personalmangel ist hier kein Grund, all das nicht zu tun, sondern ein Treiber: Nutzen Sie die Veränderun- gen zur Analyse und Verschlankung Ihrer Prozesse und erar- beiten Sie sich weniger Reibung, mehr Qualität und zufriede- nere Mitarbeitende. Also nicht nur: Es gibt viel zu tun. Sondern auch: Packen wir’s an!
3.2 Quick Wins für das Jugendamt – noch mehr Roadmap-Ideen für Jugendamtsleitungen.
Sie können auch kleiner beginnen: Starten Sie zügig mit schnell umzusetzenden und ohnehin unumgänglichen Pro-
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