Page 28 - NDV 08/2021
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 AUSDEMDEUTSCHENVEREIN NDV 8/2021 Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Weiterentwicklung und Rechtsver- einfachung im SGB II Die Empfehlungen (DV 24/20) wurden am 16. Juni 2021 vom Präsidium des Deutschen Vereins verabschiedet. Ihre Ansprechpartnerin im Deutschen Verein: Claudia Sammler. A. Einleitung Seit Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Jahr 2005 sind die komplexen Regelungen im Leistungsrecht mehrfach ergänzt und an die höchstrichterliche Recht- sprechung angepasst worden. Das zum 1. August 2016 in Kraf getretene 9. SGB II-Änderungsgesetz – Rechtsvereinfachung1 – wollte mehr Bürgerfreundlichkeit, die Vermeidung unnötiger Bürokratie und den nachhaltigen Einsatz der Ressourcen be- wirken. Diese Ziele wurden allerdings nur bedingt erreicht. Die Komplexität des SGB II wurde an verschiedenen Stellen sogar noch gesteigert, sodass Rechtsvereinfachung im SGB II weiter- hin Dauerthema bleibt. Transparente Verwaltungsverfahren und bedarfsgerechte Leistungen sind für die Sicherung des Existenzminimums wesentlich.2 Nach Ansicht des Deutschen Vereins besteht in diesem Zusammenhang nach wie vor die Notwendigkeit, das Verfahren zur Regelbedarfsermittlung von Kindern und Jugendlichen sowie Kindern und Jugendlichen in temporären Bedarfsgemeinschafen weiterzuentwickeln und zu verbessern.3 Darüber hinaus sollten Zirkelschlüsse durch Einbeziehung sog. „verdeckter Armer“ vermieden wer- den.4 Im Bereich der Beschäfigungsförderung ist daneben für die nachhaltige Integration in Arbeit die ständige Weiter- entwicklung der Integrationsinstrumente erforderlich, um die Menschen zu befähigen, unabhängig von staatlichen Unter- stützungsleistungen zu leben. Die vorliegenden Empfehlungen richten sich an den Bundes- gesetzgeber. Sie enthalten Anregungen, das aktive und passi- ve Leistungsrecht weiter zu optimieren und den Verwaltungs- aufwand zu reduzieren. B. Anspruchsvoraussetzungen 1. Leistungsausschluss für Auszubildende, § 7 Abs. 5 SGB II Problemdarstellung § 7 Abs. 5 SGB II regelt den Leistungsausschluss von Auszu- bildenden, die nach dem Bundesausbildungsförderungs- gesetz (BAföG) dem Grunde nach förderfähig sind. Durch- brochen wird dieser Grundsatz durch ein kompliziertes Sys- tem von Ausnahmen. Durch das 9. SGB II-Änderungsgesetz ist der Kreis der Leistungsberechtigten, der ggf. unter Anrechnung von Ausbildungsförderung (aufstockend) Grundsicherungs- leistungen beziehen kann, ausgeweitet worden. Dies dient in erster Linie der nachhaltigen Eingliederung der Betrofenen in Arbeit.5 Gleichwohl gibt es Gruppen von Studierenden und Auszubildenden, die weiterhin nach § 7 Abs. 5 SGB II von regu- lären Leistungen zum Lebensunterhalt ausgeschlossen sind. Das Bundessozialgericht (BSG) geht davon aus, dass Studie- rende, die BAföG beziehen, finanzielle Deckungslücken mit eigener Erwerbsarbeit schließen.6 Für Studierende in be- 1 2 3 4 5 6 Neuntes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S.1824). mpfehlungen des Deutschen Vereins zur Rechtsvereinfachung und Weiterentwicklung des Zwölfen Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) – Sozialhilfe (DV 22/18) vom 11. September 2019, NDV 2019, 511 f. mpfehlungen des Deutschen Vereins zur Weiterentwicklung des Systems monetärer Unterstützung von Familien und Kindern (DV 3/16) vom 11. September 2019, NDV 2019, 449 f. Stellungnahme der Geschäfsstelle des Deutschen Vereins zum Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur rmittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölfen Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes (DV 28/20) vom 29. Oktober 2020, https://www.deutscher-verein. de/de/uploads/empfehlungen-stellungnahmen/2020/dv-28-20_ermittlung-von-regelbedarfen.pdf. Geiger, in: LPK-SGB II, § 7 Rdnr. 176. Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2008, B 4 AS 28/07 R, zit. nach juris. 412 


































































































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