Page 7 - Nachrichtendienst Nr. 4/2022
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 NDV 4/2022 IM FOKUS
Thomas Meysen und Susanne Witte:
Digitalisierung in den Allgemeinen Sozialen Diensten
Erkenntnisse zu Gegenwart und Zukunft aus dem KiZCo-Projekt
Die Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe haben für eine ausreichende Ausstat- tung der Jugendämter mit digitalen Geräten zu sorgen, so der 2021 mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz eingeführte § 79 Abs. 3 SGB VIII. Der Gesetzgeber sieht darin eine Klarstellung. Wenn es um Digitalisierung von Jugendämtern geht, ist allerdings nicht viel klar – außer dass noch ein weiter Weg bei der Anschaffung von Hardware, Entwicklung von Software und Schulung der Fachkräfte sowie deren Finanzierung zu gehen ist. Mit der Corona-Pandemie und der Notwendigkeit zur Reduktion persönlicher Kontakte wurde diese Erkenntnis offensichtlich. Das hat auch die Befragung von Leitungskräften im Allge- meinen Sozialen Dienst im Projekt „Kinderschutz in Zeiten von Corona (KiZCo)“ deutlich gezeigt. Die Ergebnisse verweisen auf die Problemzonen, aber auch auf vereinzelte Fort- schritte. Das Zusammentreffen von Pandemie und Kinderschutz, so eine der Schlussfolge- rungen aus der Studie, hat eine Grundlage geschaffen für das Erkennen politischer Ge- staltungsaufgaben zu den praktischen Herausforderungen bei der Digitalisierung der Sozialen Dienste in den Kommunen.
1. Kinderschutz in Zeiten der Pandemie – nicht ohne Digitalisierung
Im Kinderschutz kulminiert kommunaler Handlungsdruck. Jugendämter und ihre Fachkräfte begegnen nicht nur mediati- sierten Lebenswelten, sondern bewegen sich auch in mediati- sierten Arbeitswelten. Informationstechnologie erfüllt seit der Corona-Pandemie auch im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) eine doppelte Funktion als unverzichtbares Kommunikations- mittel, etwa im Kontakt mit Familien, und als Organisations- technologie, zum Beispiel bei digitaler Aktenführung und bei EDV-gestützten Instrumenten zur Gefährdungseinschätzung (Ley 2018). In Zeiten der Corona-Pandemie standen analoge Methoden der Kommunikation sowohl mit den Familien also auch in der professionellen Kooperation innerhalb und außer-
 Dr. Thomas Meysen
leitet die interdisziplinäre Rechtsforschung in den Kontexten von Kindheit, Jugend, Familie, Geschlecht und Gewalt im SOCLES International Centre for Socio-Legal Studies mit Sitz in Heidelberg und Berlin.
Dr. phil. Susanne Witte
ist wissenschaftliche Referentin in der Fachgruppe Familienhilfe und Kinder- schutz am Deutschen Jugendinstitut e.V. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Kinderschutzhandeln mit einem spezifi- schen Fokus auf internationale Vergleiche.
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