Page 43 - Nachrichtendienst Nr. 4/2022
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 NDV 4/2022 AUS DEM DEUTSCHEN VEREIN
Tillmann Löhr:
Migrantenorganisationen und musli- mische Organisationen als Akteure der Wohlfahrtspflege
Bericht von einer digitalen Fachveranstaltung des Deutschen Vereins
Migrantenorganisationen und muslimische Organisationen nehmen eine wachsende Rolle als Träger von Leistungen der Wohlfahrtspflege ein. Zugleich sind sie mit verschiede- nen Herausforderungen konfrontiert. Der Artikel berichtet von einer Veranstaltung des Deutschen Vereins hierzu und gibt einen Überblick über Projekte, Empirie, Praxiserfahrun- gen und wesentliche Thesen aus der Diskussion.
1. Einleitung
Wie können die Beteiligung von Migrantenorganisationen (MO) und muslimischen Organisationen sowie die Zusam- menarbeit mit ihnen verbessert werden, wenn es um Angebo- te der Wohlfahrtspflege geht? Das war Gegenstand einer digi- talen Fachtagung des Deutschen Vereins am 31. Januar und 1.  Februar 2022.
Verwaltungen und Wohlfahrtsverbände arbeiten seit Langem an interkultureller Öffnung. Denn Menschen mit Migrations- hintergrund und Menschen muslimischen Glaubens müssen Angebote der Wohlfahrtspflege gleichberechtigt in Anspruch nehmen können. Doch zugleich gibt es aus migrantischer und aus muslimischer Perspektive den Bedarf nach zielgruppen- und religionsspezifischen Angeboten und Trägern. Deren In- anspruchnahme ist Ausdruck des Wunsch- und Wahlrechts nach § 33 SGB I (ebenso Strube 2021, 375).
Vor diesem Hintergrund haben MO und muslimische Organi- sationen eine wachsende Rolle als Träger von Wohlfahrtsleis- tungen eingenommen. Doch stehen sie vor Herausforderun- gen: Qualifizierung und Professionalisierung bislang ehren- amtlicher Arbeit, Finanzierung und Förderung, Information und Beratung, Mitsprache und -gestaltung, Zusammenarbeit mit Verwaltungen und etablierten Verbänden sowie Umgang mit wechselseitigen Vorbehalten.
Die Veranstaltung bot einen Überblick über Modellprojekte, empirische Erkenntnisse und Praxiserfahrungen. Damit knüpf- te der Deutsche Verein an eine Ende 2020 in kleinerem Format durchgeführte Veranstaltung (Deutscher Verein 2022) sowie an mehrere Veröffentlichungen (Strube 2021; Friedrichs/Barp 2021; Schmidt 2021) im Nachrichtendienst des Deutschen Ver- eins (NDV) an.
So wie die Tagung gibt der vorliegende Beitrag einerseits ei- nen Überblick über die Entwicklungen der letzten Jahre. An- dererseits fasst er wesentliche Thesen aus den Diskussionen auf der Veranstaltung zusammenfassen.
  Dr. Tillmann Löhr
ist wissenschaftlicher Referent im Arbeitsfeld III „Grundlagen sozialer Sicherung, Sozialhilfe, soziale Leistungs- systeme“ des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V., Berlin
Foto: carolinweinkopf.de
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