Page 13 - Nachrichtendienst Nr. 4/2022
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 NDV 4/2022
IM FOKUS
menhalt gestärkt“.42 Einige Befragte würdigten die erweiterten Möglichkeiten.43
Von einigen der Jugendämter wurde berichtet, dass solche Veränderungen zukünftig geplant seien. In anderen blieb die technische Ausstattung über die zwei Erhebungszeitpunkte schlecht. Dies wird von den Fachkräften bemängelt. Viele freie Träger hätten sich digital viel schneller auf die Anforderungen an die Kommunikation mit den Familien eingestellt als die Ju- gendämter.44 Die Kooperationspartner in den Familie und bei den anderen Institutionen und Professionellen würden „alle große Augen machen“, wenn sie mitbekommen, dass der ASD sich immer noch nicht digital vernetzen kann.45 Weder sei die Möglichkeit erschlossen, Videokonferenzen durchzuführen, noch „vermehrt ins Homeoffice zu gehen“.46
7. Ausblick
„Und dieses verschenkte Humankapital, das hört sich jetzt echt blöd an, aber ich meine die ganzen Leute, die im Ho- meoffice waren, ja, die hätten echt weiterarbeiten kön- nen, wenn wir die digitalen Möglichkeiten gehabt hät- ten.“47
Kommunalverwaltung hat ein mehr oder weniger ausgepräg- tes Interesse an einer Digitalisierung. Sie fällt allerdings nicht vom Himmel ins Amt, sondern dominierend sind von au- ßen gesetzte Impulse (Schwarting 2020). Die Corona-Pande- mie kann eindeutig als solcher Anlass bezeichnet werden, der den langjährigen Diskussionen zur Nutzung digitaler Medien in den Jugendämtern einen ganz anderen Drive beschert hat (SFK 1 des DIJuF 2020). Zum Treiber könnte auch die Bundes- politik werden. Seit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gesetzlich ausdrücklich aufgefordert, für eine ausreichende Ausstattung mit der Möglichkeit einer Nutzung digitaler Geräte zu sorgen. Um etwaige Folgekosten zu vermeiden, deklariert die Geset- zesbegründung diese Erweiterung der Gesamtverantwortung in § 79 Abs. 3 SGB VIII als Klarstellung (BT-Drucks. 19/26107, S. 110). Es dürfte jedoch schnell Einigkeit bestehen, das haben auch die Ergebnisse des KiZCo-Projekts gezeigt, dass noch ein weiter Weg der Anschaffung von Hardware, Entwicklung von Software und Schulung der Fachkräfte sowie deren Finanzie- rung zu gehen ist. Der Koalitionsvertrag zur 20. Legislaturpe-
42 Jugendamt 21, 1. Erhebungswelle.
43 Jugendamt 19, 2. Erhebungswelle.
44 Jugendamt 34, 1. Erhebungswelle.
45 Jugendamt 27, 2. Erhebungswelle; Jugendamt 34, 2. Erhebungswelle.
46 Jugendamt 16, 2. Erhebungswelle.
47 Jugendamt 15, 1. Erhebungswelle.
riode hat dies aufgegriffen und angekündigt: „Wir werden An- gebote der Jugendhilfe bei der Digitalisierung unterstützen.“ (SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, FDP 2021, Z. 3297 f.). Es bleibt zu hoffen, dass davon sowohl die Träger der freien als auch der öffentlichen Jugendhilfe profitieren.
 Literatur
Ackermann, Timo (2021): Risikoeinschätzungsinstrumente und professionelles Handeln im Kinderschutz. Wie Sozialarbeiter_innen mit „Kinderschutzbögen“ interagieren und was das mit Professiona- lität zu tun hat, in: Sozial extra 45, S. 42–48.
Büchner, Stefanie (2017): Der organisierte Fall: Zur Strukturierung von Fallbearbeitung durch Organisation, Wiesbaden.
Büchner, Stefanie (2020): Der sozialpädagogische Fall unter Bedingungen der Digitalisierung in Organisationen, in: Nadia Kutscher, Thomas Ley, Udo Seelmeyer, Friederike Siller, Angela Tillmann, Isabel Zorn (Hrsg.): Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung, Weinheim, Basel, S. 302–314.
Bundesjugendkuratorium (2021): Digitalität von Kindheit und Jugend: Digitalpakt Kinder- und Jugendhilfe. Zwischenruf, München.
Kutscher, Nadia (2018): Ethische Fragen Sozialer Arbeit im Kontext von Digitalisierung, in: Nadia Kutscher, Thomas Ley, Udo Seelmeyer, Friederike Siller, Angela Tillmann, Isabel Zorn (Hrsg.): Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung, Weinheim, Basel, S. 347–361.
Ley, Thomas (2018): Informationstechnologien im Kinderschutz zwischen politischer Steuerung, fachlicher Vernetzung und professionellem Entscheiden, in: Michael Böwer, Jochem Kotthaus (Hrsg.): Praxishandbuch Kinderschutz. Professionelle Heraus- forderungen bewältigen, Weinheim, Basel, S. 112–129.
Lohse, Katharina (2020): Digitalisierungsschub, in: Das Jugendamt (JAmt), S. 337.
Schwarting, Gunnar (2020): Wie verändert Digitalisierung die Verwaltung?, in: Deutscher Sozialrechtsverband e.V. (Hrsg.): Digitalisierung im Sozialrecht. Bundestagung vom 10./11. Oktober 2019 in Stuttgart, Berlin, S. 9–24.
SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, FDP (2021): Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Koalitions- vertrag 2021–2025, Berlin.
Ständige Fachkonferenz 1 (SFK 1) des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. (DIJuF) (2020): Digitalisierung der Kinder- und Jugendhilfe – nicht nur zu Zeiten von Corona. Zwischenruf vom 7.7.2020, in: JAmt, S. 372–375.
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