Page 9 - NDV 08/2021
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 NDV 8/2021 IM FOKUS Auslandsmaßnahmen und des Komplexes der Zusammen- arbeit an den Schnittstellen Änderungen eingeführt. 1.1 Betriebserlaubnisverfahren Die Anforderungen an die Erteilung einer Betriebserlaubnis und die Aufsicht wurden konkretisiert und erweitert. Ver- schiedene zusätzliche Voraussetzungen für die Erteilung der Betriebserlaubnis wurden verankert, wie die Zuverlässigkeit des Trägers und damit verbunden auch die Stärkung der Trägerverantwortlichkeit (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB VIII). Es sind ebenfalls ein Gewaltschutzkonzept, ein ge- eignetes Verfahren der Selbstvertretung und eine Beschwerde- möglichkeit außerhalb der Einrichtung sicherzustellen (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB VIII) sowie eine ordnungsgemäße Buch- führung (§ 45 Abs. 3 Nr. SGB VIII). Die neu eingeführte Defini- tion des Einrichtungsbegrifs in § 45a SGB VIII kann durch Landesrecht noch konkretisiert werden. Im Rahmen der Prüfung wurden die Regelungen konkretisiert und erweitert (§ 46 SGB VIII). Es sind nun auch Prüfungen nach Aktenlage möglich. Auf der anderen Seite können örtliche Prü- fungen jederzeit unangemeldet erfolgen (§ 46 Abs. 2 SGB VIII), wobei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren ist (§ 46 Abs. 1 SGB VIII). Auch die Melde- und Dokumentationspflich- ten in § 47 SGB VIII wurden konkretisiert und erweitert. Zudem findet sich in § 47 Abs. 3 SGB VIII eine gegenseitige Informa- tionspflicht zwischen dem Träger der öfentlichen Jugend- hilfe, der eine Einrichtung belegt oder in dessen Zuständig- keitsbereich die Einrichtung liegt, und der betriebserlaubnis- erteilenden Behörde über Ereignisse oder Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu be- einträchtigen. 1.2 Auslandsmaßnahmen Die Regelungen zu Hilfen zur Erziehung, die im Ausland durch- geführt werden, sind nun in einem neuen § 38 SGB VIII zu- sammengeführt, die Voraussetzungen und Anforderungen an die Kontrolle wurden konkretisiert und verschärf. Klarstellend wird auf das internationale Recht, insbesondere das Konsul- tationsverfahren hingewiesen (§ 38 Abs. 1 SGB VIII, Brüssel IIa- Verordnung und Haager Kinderschutzübereinkommen). Her- vorgehoben wurde die Steuerungsverantwortung des Trägers der öfentlichen Jugendhilfe, da die Eignungsprüfung vor Ort durchzuführen ist (§ 38 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII), ebenso in der Regel die Überprüfung und Fortschreibung des Hilfeplans (§ 38 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII). Um mehr Transparenz herzu- stellen, sind die örtlichen Träger verpflichtet, wichtige Infor- mationen über die Hilfe und deren Änderungen an die erlaub- niserteilende Behörde zu melden (§ 38 Abs. 5 SGB VIII). 1.3 Zusammenarbeit an den Schnittstellen Die verbesserte Zusammenarbeit an diversen Schnittstellen ist ein wesentlicher Baustein des KJSG, um Übergänge zu ge- stalten, den Kinderschutz und damit Kinder und Jugendliche zu stärken. Insbesondere der Schnittstellenbereich zwischen dem Jugendamt und Berufsgeheimnisträger/innen wurde weiterentwickelt: Zum einen ist die Meldung von Ärztinnen und Ärzten sowie Angehörigen anderer Heilberufe bei drin- gender Kindeswohlgefährdung als Soll-Regelung ausgestaltet und damit nicht mehr als reine Befugnisnorm zu sehen, son- dern als Verpflichtung (§ 4 Abs. 3 KKG). Auf der anderen Seite sind Berufsgeheimnisträger/innen verbindlicher in Gefähr- dungseinschätzungen einzubeziehen, wenn sie dem Jugend- amt einen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung gemeldet haben und ihr Einbezug nach fachlicher Einschätzung des Jugendamtes erforderlich ist (§ 8a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII). Zudem soll das Jugendamt den Berufsgeheimnisträger/innen, wenn diese einen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung ge- meldet hatten, zeitnah rückmelden, was sich aus der Meldung ergeben hat (§ 4 Abs. 4 KKG). Für den Austausch unter Ärztin- nen und Ärzten ist nun eine Befugnis über Landesrecht ein- geräumt (§ 4 Abs. 6 KKG). In diesem Kontext wurde auch das SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung) weiterentwickelt. Ebenfalls wurden die Schnittstellen zu weiteren Akteuren be- arbeitet. So werden Kindertagespflegepersonen durch Verein- barungen in den Schutzaufrag einbezogen (§ 8a Abs. 5 SGB VIII). In der Zusammenarbeit mit den Familiengerichten müssen nun in bestimmten Verfahren Teile des Hilfeplans vor- gelegt werden (§ 50 Abs. 2 SGB VIII). Behördenübergreifende Zusammenarbeit ist auch bei Jugendstrafverfahren fest ver- ankert (§ 52 SGB VIII, § 37a Jugendgerichtsgesetz), ebenso die Verpflichtung von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten, bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohl- gefährdung in Strafverfahren das zuständige Jugendamt oder Landesjugendamt zu informieren (§ 5 KKG). 2. Stärken – Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder Einrichtungen aufwachsen Um Kinder und Jugendliche zu stärken, die nicht in ihrer Fami- lie aufwachsen können, wurden nicht nur die Rechte junger Menschen weiterentwickelt, sondern auch die der Herkunfs- eltern und der jungen Volljährigen, wenn sie keine Hilfe mehr erhalten. 393 


































































































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