Page 8 - NDV 08/2021
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 IM FOKUS NDV 8/2021 Sabine Gallep: SGB VIII-Reform: das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ist da Nach vielen Jahren der Diskussionen und kleiner Ent- wicklungsschritte in der Kinder- und Jugendhilfe ist ein Meilen- stein geschaf: Die Reform des Achten Buchs Sozialgesetz- buch (SGB VIII) ist verabschiedet und verkündet; am 10. Juni 2021 ist der Großteil des Kinder- und Jugendstärkungs- gesetzes (KJSG) in Kraf getreten. Im Folgenden werden die wesentlichen Neuregelungen vorgestellt. Es war ein langer Weg, den das Gesetz und die zahlreichen be- teiligten Akteure in der Kinder- und Jugendhilfe und in an- grenzenden Bereichen zurücklegen mussten. Nach einem im Bundesrat gescheiterten Gesetzgebungsverfahren in der letz- ten Legislaturperiode und einem vom Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geführten breiten Dialogprozess unter dem Titel „Mitreden – Mitgestalten: Die Zukunf der Kinder- und Jugendhilfe“ wurde im Oktober 2020 der Referentenentwurf eines neuen Kinder- und Jugend- stärkungsgesetzes vom BMFSFJ veröfentlicht.1 Nachdem im April 2021 das KJSG vom Bundestag verabschiedet wurde, hat ihm auch der Bundesrat im Mai 2021 zugestimmt. Einen Tag nach der Verkündung ist das KJSG am 10. Juni 2021 in Kraf getreten.2 Nur einige Regelungen, die die „inklusive Lösung“ betrefen, treten erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraf (s.u.). Die Inhalte des KJSG Beim KJSG handelt es sich um ein Artikelgesetz. Auch wenn häufig von der SGB VIII-Reform gesprochen wird, so werden neben dem SGB VIII in Artikel 1 des KJSG auch weitere Geset- ze geändert: das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) in Artikel 2, das SGB V in Artikel 3, das SGB IX in Artikel 4, das SGB X in Artikel 5, das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Artikel 6 und weitere. Das Gesetz beinhaltet einige klarstellende Regelungen, klärt Vorgehen, die auch schon vorher möglich waren und in der Praxis bereits angewandt wurden (z.B. Berücksichtigung von Geschwisterbeziehungen in der Hilfeplanung, Kombination von Hilfearten bei den Hilfen zur Erziehung, Zusammenarbeit an Schnittstellen). Vieles ist aber auch neu und zeigt neue Wege auf, die vorher nicht möglich waren (z.B. Voraus- setzungen beim Betriebserlaubnisverfahren und der Prüfung). Eine wesentliche Weichenstellung für die Zukunf wurde in Bezug auf die sogenannte „inklusive Lösung“ verankert. Inhaltlich lassen sich die vielen Neuerungen in fünf Themen- gebiete einordnen: Schützen (besserer Kinder- und Jugend- schutz), Stärken (Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder Einrichtungen aufwachsen), Helfen (Hil- fen aus einer Hand – „inklusive Lösung“), Unterstützen (mehr Prävention vor Ort) und Beteiligen (mehr Beteiligung von jun- gen Menschen, Eltern und Familien). 1. Schützen – Besserer Kinder- und Jugendschutz Um Kinder und Jugendliche besser zu schützen, wurden in den Themenbereichen des Betriebserlaubnisverfahrens, der   Sabine Gallep ist wissenschafliche Referentin im Arbeitsfeld II „Kindheit, Jugend, Familie, Soziale Berufe“ des Deutschen Vereins für öfentliche und private Fürsorge e.V., Berlin. 1 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, ntwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG), https://www.bmfsfj.de/resource/blob/163648/b5a5c7f8747c5e669e0f243c1a218858/kinder-und-jugendstaer- kungsgesetz-data.pdf (13. Juli 2021). 2 Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG), Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 29, ausgegeben zu Bonn am 9. Juni 2021, https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl121s1444.pdf#__ bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl121s1444.pdf%27%5D__1626181972945 (13. Juli 2021). 392 


































































































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