Page 43 - NDV 08/2021
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 NDV 8/2021 AUSDEMDEUTSCHENVEREIN ebene Rahmenverträge (LRV) über den Inhalt der Vereinbarungen nach § 78b Abs. 1 SGB VIII. LRV dienen dazu, den Abschluss einrichtungsbezogener Ver- einbarungen zu erleichtern und auch eine gewisse Vereinheitlichung her- zustellen. Den LRV kommt damit eine wichtige Orientierungs-, Vorbild-, Ent- lastungs- und Konsensfunktion für die einrichtungsbezogenen Verein- barungen zu (Schindler/Münder 2019a, Rdnr. 1). Grundsätzlich binden sie nur die an dem LRV beteiligten Vertrags- parteien (Telscher 2020, Rdnr. 9). Bei der Ermittlung leistungsgerechter Ent- gelte beziehen sich einige LRV unmittel- bar auf tarifliche Bindungen, die zu be- rücksichtigen seien.2 In der Bayeri- schen LRV findet sich ein Passus, dass die Gesamtsumme der Kosten für das notwendige Personal insgesamt nicht höher sein darf als der im öfentlichen Dienst bei kommunalem Tarif vergleich- bar anfallende Aufwand.3 Nach dem LRV Brandenburg sind die Personalkosten nach dem jeweils geltenden Tarifrecht, den jeweils geltenden Arbeitsvertrags- richtlinien oder deren betriebsüblicher Anwendung bei funktionsgerechter Ein- gruppierung zu kalkulieren. 4 14. Im Bereich der Förderung der freien Jugendhilfe nach § 74 SGB VIII sind auch die allgemeinen Grundsätze des Zuwendungs- und Subventionsrechts zu beachten. Daher gilt dort das Besser- stellungsverbot. Das Personal des freien Trägers darf demnach grundsätzlich nicht besser bezahlt werden, als es sich aus der Personal- und Gehaltsstruktur des öfentlichen Dienstes ergibt. Höhe- re Vergütungen sind nicht durch den Zuwendungsbescheid förderungsfähig (von Boetticher/Münder 2019, Rdnr. 33, 34). Im Bereich der Leistungs- und Ent- geltvereinbarung nach §§ 78a f. SGB VIII gilt das Besserstellungsverbot nicht, da es sich nicht um Zuwendungen bzw. Subventionen handelt und hier auch kein vergleichbarer Lebenssachverhalt gegeben ist. Der Gesetzgeber hat – wie oben dargelegt – ein entsprechendes Aushandlungsverfahren geschafen, in dem (prospektiv) leistungsgerechte Ent- gelte erzielt werden sollen. 15. Nach alledem sind tariflich verein- barte Vergütungen im Rahmen von Entgeltvereinbarungen i.S.d. § 78b Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII grundsätzlich als wirtschaflich anzusehen. Sind über- durchschnittlich hohe Personalaufwen- dungen maßgeblich auf die Häufung individueller tarifrechtlicher Entgelt- steigerungstatbestände wie Familien- stand, Kinderanzahl oder Beschäfi- gungsdauer zurückzuführen, scheidet eine Kürzung der plausiblen Personal- aufwendungen im Wege des externen Vergleiches aus. 16. Eine Grenze der Berücksichtigung der Tarifbindung kann allenfalls dort bestehen, wo im Einzelfall die Höhe der vereinbarten Löhne und Gehälter die von anderen Einrichtungsträgern ge- zahlten Arbeitsentgelte deutlich über- steigt und es dafür am Markt keine sachlichen Gründe gibt. Überdurch- schnittliche Entgeltzahlungen bedür- fen allerdings nicht regelhaf einer be- sonderen Rechtfertigung, um in vol- ler Höhe berücksichtigt zu werden. Nur im Fall eines extremen Ausreißers ist eine Angemessenheitsprüfung durch- zuführen, bei der sachliche Gründe für die Lohn- bzw. Gehaltshöhe darzu- legen sind. Ein sachlicher Grund kann etwa darin liegen, dass eine bessere Be- zahlung erforderlich ist, um geeignete Fachkräfe zu gewinnen oder zu halten. Allerdings muss der Tarifvertrag richtig angewendet werden und die Kosten- ermittlung muss insoweit nachvollzieh- bar sein. 2 Vgl. § 14 Abs. 2 Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII Baden-Württemberg vom 12. Mai 1999, Anlage 8 1.1.1; Rahmenvertrag nach §  78f SGB VIII Niedersachsen in der Fassung vom 1. Juli 2020, B.1.1.1.; Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII Sachsen-Anhalt vom 1. Januar 2001, Anlage 3 9. (2); Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII Thüringen vom 1. Juli 1999. 3 Vgl. § 10 Abs. Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII Bayern i.d.F. vom 21. April 2015. 4 Vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII Brandenburg vom 1. Juli 1999. 427 


































































































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