Fünf Fragen an Wolfgang Mayer

Wolfgang Mayer war wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektdozent und ist derzeit Lehrbeauftragter an der Universität Kassel. Er besucht seit vielen Jahren mit Studierenden den Deutschen Fürsorgetag. Im Interview spricht er über seinen ersten Besuch im Jahr 1973, der ebenfalls in Stuttgart stattfand und wie sich der Deutsche Fürsorgetag gewandelt hat.

dv aktuell: An wie vielen Fürsorgetagen haben Sie teilgenommen?
Ich habe bisher an 4 Fürsorgetagen teilgenommen.

dv aktuell: Welcher Fürsorgetag war für Sie persönlich der Prägendste und warum?
Der Fürsorgetag 1973 in Stuttgart war sehr prägend für meine weitere berufliche Entwicklung. Ich hatte gerade meine „staatliche Anerkennung" als Sozialarbeiter erhalten und arbeitete im ASD eines Jugendamtes. Mich faszinierte, dass ich mit Referenten diskutieren konnte, die ich bisher nur aus der Literatur kannte. Der Fürsorgetag hatte mich motiviert, an verschiedenen Weiterbildungen (auch des DV) teilzunehmen. Ein Jahr später hatte ich dann ein Universitätsstudium aufgenommen und im Jahre 1978 abgeschlossen.

dv aktuell: Der Fürsorgetag 1973 war der Erste, an dem Sie teilgenommen haben. Was ist Ihnen von damals besonders in Erinnerung geblieben?
Die Heimkampagne der Außerparlamentarischen Opposition (APO) war 1973 erst einige Jahre her und viele sozialpädagogische Fachkräfte hofften wie ich, dass die Dominanz der Heimerziehung durch ein System ambulanter Jungendhilfe relativiert würde. Die Rechtsgrundlage der Jungendhilfe war das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) von 1922 und ich hatte die Erwartung, dass die Inhalte des „Diskussionsentwurfes für ein neues Jugendhilfegesetz" in einem neuen Jugendhilferecht verankert werden. In Erinnerung an den Fürsorgetag 1973 ist mir aber auch, dass gute sozialpädagogische Überlegungen viel Zeit und auch Erprobungen brauchen, bis sie bundesweit normiert werden können. Von daher ist mir der Artikel von Wolf Rainer Wendt noch in guter Erinnerung „Melancholische Tage in Stuttgart ..." (Unsere Jungend, 27. Jg., Heft 1, 1974, S. 29–32)

dv aktuell: Seit einigen Jahren organisieren Sie Besuche von Studierendengruppen und begleiten sie auf die Fürsorgetage. Warum ist Ihnen dieses Engagement wichtig?
Studierende der Sozialarbeit sollten sich frühzeitig auch außerhalb der Hochschule orientierten. Im Rahmen meiner Lehrveranstaltungen an der Universität Kassel, FB Humanwissenschaften, biete ich in diesem Sommersemester 2018 ein Seminar mit dem Titel: „Aktuelle Themen der Sozialarbeit – 81. Deutschen Fürsorgetag Stuttgart, 15. bis 17. Mai 2018“ an. Die Studierenden haben die Möglichkeit, an den Symposien und den Fachforen teilzunehmen. Besonders habe ich auf den „Markt der Möglichkeiten" hingewiesen; hier bekommen sie Anregungen für die Gestaltung ihrer Praxisphasen. In einem anschließenden Wochenend-Seminar werden die unterschiedlichen Eindrücke aus den verschiedenen Veranstaltungen von den Studierenden vorgetragen und diskutiert.

dv aktuell: Der 81. Deutsche Fürsorgetag steht unter dem Motto „Zusammenhalt stärken –Vielfalt gestalten“. Wie können wir als Gesellschaft Ihrer Meinung nach den Zusammenhalt stärken?
Das Motto des 81. Fürsorgetages könnte und sollte das sozialpolitische Programm der neuen Bundesregierung sein. Begegnungen im öffentlichen Raum durch mehr Gemeinwesenarbeit (GWA)-Projekte, bessere sozialpädagogische Begleitung und mehr Sprachkurse für Flüchtlinge, mehr Wertschätzung, aber auch professionelle Begleitung für Ehrenamtliche in den verschiedensten Bereichen, bessere Ausbildung und Bezahlung der Pflegkräfte (Bachelor-Abschluss), Sicherstellung von Ganztagsbetreuung im Kindergarten und in der Schule, Schulsozialarbeit in allen Schulformen und ein einheitliches Dienstrecht im öffentlichen Dienst.

dv aktuell: Vielen Dank für das Gespräch.


Zur Person

Foto von Wolfgang Mayer, privatWolfgang Mayer war bis 2014 Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektdozent an der Universität Kassel. Ausbildung: Sozialarbeiter, Diplom-Pädagoge und -Supervisor, Organisationsberater, Psychodramaleiter. Zurzeit: Lehrbeauftragter an der Universität Kassel, Institut Sozialwesen, und freiberuflich tätig als Supervisor.

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