Deutsche EU-Ratspräsidentschaft

Eine erste Bilanz der deutschen EU-Ratspräsidentschaft

Gleich zu Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wurde deutlich, dass nicht der Brexit und das abzuschließende Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien das Programm für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft maßgeblich bestimmen würden.
Durch die Corona-Pandemie war dieses Thema nicht nur in der Öffentlichkeit in den Hintergrund gerückt – in dem am 30. Juni 2020 veröffentlichten Programm zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft wurden deutlich andere Schwerpunkte gesetzt. So prägten insgesamt sechs Leitgedanken das Programm:

  1. Die dauerhafte Überwindung der COVID-19-Pandemie und die wirtschaftliche Erholung
  2. Ein stärkeres und innovativeres Europa
  3. Ein gerechtes Europa
  4. Ein nachhaltiges Europa
  5. Ein Europa der Sicherheit und der gemeinsamen Werte
  6. Ein starkes Europa in der Welt.


Das Programm beinhaltete verschiedene sozialpolitische Vorhaben, wie die Umsetzung der zur Krisenbewältigung relevanten Grundsätze der Europäischen Säule Sozialer Rechte (ESSR), wozu auch die Entwicklung eines EU-Rahmens für nationale Grundsicherungssysteme und ein EU-Rahmen für Mindestlöhne gehörten. Auch die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Jugendarbeitslosigkeit in der EU – auf der Basis eines handlungsfähigen Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) – sollten laut Programm gemeinsam mit der EU-Kommission auf der Tagesordnung stehen.
Die Bilanz der EU-Ratspräsidentschaft fällt nach ereignisreichen, von der Pandemie geprägten sechs Monaten aus Sicht des Deutschen Vereins gemischt aus. Zwar wurden insgesamt wichtige sozialpolitische Aspekte vorangebracht. So wurden z.B. Ratsschlussfolgerungen zur Mindestsicherung verabschiedet, ebenso zum Mindestlohn. Beide blieben aber hinter den Erwartungen zurück, vor allem in Bezug auf konkrete Festlegungen und Rahmenbedingungen.

Die Trio-Ratspräsidentschaft von Deutschland, Portugal und Slowenien hat gleich zu Beginn, im Juli 2020, eine Strategie zur Gleichstellung veröffentlicht. Diese ist sehr ambitioniert und kann grundsätzlich positiv bewertet werden. Des Weiteren wurde eine gemeinsame EU-weite Hilfenummer gefordert, die Frauen anrufen können, wenn sie Opfer von Gewalt wurden. Weitere Informationen

Die Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 wurden nach zähem Ringen abgeschlossen. Von besonderem Interesse ist dabei der ESF+, aus dem viele soziale Projekte finanziert werden und in dem nun auch der bisherige Europäische Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP), die Jugendbeschäftigungsinitiative (YEI) und das EU-Programm für Beschäftigung und soziale Innovation (EaSI), zusammengefasst werden. Alle wichtigen Informationen sind auf dieser Internetseite eingestellt: Europäischer Sozialfonds für Deutschland - Förderperiode 2021 bis 2027 in Deutschland . Hier werden auch die endgültigen Ergebnisse der Verhandlungen veröffentlicht, die zum ESF+ noch zu führen sind. Diese werden allerdings erst für den Herbst erwartet.

Am 1. Januar 2021 hat Portugal die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Die Ankündigung eines Sozialgipfels im Mai lässt hoffen, dass auch im ersten Halbjahr 2021 sozialpolitische Themen einen wichtigen Faktor in der EU spielen werden. Das Programm der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft: Priorities | EU2021PT

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